Freitag, 29. Februar 2008

Auf der Fähre, Blick weit zum Horizont, das Meer leicht bewegt und der Gedanke mitten auf einer großen Wasserscheibe zu sein so einleuchtend. Dieses "was passiert am Rand" eine völlig legitime Frage ungeachtet der Tatsache, dass man natürlich weiß, dass die Erde eine Kugel ist und das Schiff am Rande angekommen nicht in die Tiefe des Alls oder das Höllenfeuer abstürzt sondern einfach weiterfährt. Was passiert am Rand? Mit eigenen Augen sehen wollen, hinfahren und nachschauen, erleben und bis dahin ungläubig daran festhalten, da am Rande werde man hinabstürzen. Der Rand, immer sichtbar vor uns und doch immer wieder ein Stück weiter verschoben, bis er vielleicht plötzlich direkt vor uns liegt und da ist, wie der Tod.

Lass mich allein, lass mich endlich mein Gleichgewicht wiederfinden. Das Meer gibt mir Kraft und Stärke, ich wachse und werde endlich ich.

Manchmal wünsche ich mir, einen Menschen festzuhalten, in meine Arme zu schließen und zu spüren, da ist jemand. Doch da dies zwangsläufig nur zu Missverständnissen und endlos ermüdenden Belanglosigkeiten führt, halte ich mich im Zaum, ich will dieses Gefühl nicht beschränken oder erklären müssen. Damals mit Adam war ich noch naiv genug zu glauben, es wäre selbsterklärend und spürbar. Ich dachte er würde verstehen, wenn ich ihn in den Arm nahm, meine allumfassende Liebe teilen wollte. Doch Adam verstand genauso wenig wie all die anderen, die ich einbezog. Ich war erschrocken, als sie mit mir schlafen wollten und sich in mich verliebten. Sie hatten mein Verhalten missverstanden, und ich war nicht stark genug mich dieser Einschränkung und ihren Übergriffen zu widersetzen. Adam hatte es genauso missverstanden, doch wies er zurück, weil er seine letzte Beziehung noch nicht verarbeitet hatte. Ihm konnte ich daraufhin zumindest ansatzweise erklären, dass es mir nicht um eine Beziehung ging oder um Sex, sondern um etwas viel Umfassenderes und Existenzielleres. Hat er das damals verstanden? Oder tat er nur so, weil er merkte, dass ich es ohnehin nicht besser erklären konnte? Manchmal wünsche ich mir, er hätte es verstanden, doch andererseits, was liegt schon daran?

Donnerstag, 28. Februar 2008

Es ist einfacher Landschaften oder Städte zu lieben, Tiere und Kinder, sie sind stark genug dafür und versuchen nicht, diese allumfassende Liebe zu reduzieren wie Erwachsene, die einschränken auf Freundschaft oder Liebe und dieses Gefühl damit in ein winziges Kästchen packen wollen. Dabei ist Freundschaft noch umfassender, weil es erlaubt ist, mehrere Menschen damit zu umschlingen, doch Liebe schränkt noch einmal kräftig ein, indem es nur auf einen einzigen Menschen gerichtet sein soll und ansonsten durch Eifersucht und unnötige Streitereien herabgezogen und beschmutzt wird. Ich habe sie erlebt, die Liebe in ihrer ursprünglichsten und umfassendsten Form, und es sprengte mich fast und riss mich gleichzeitig mit in diesen Strudel von Glück, Stärke, Lebendigkeit, das Meer, kein anderer Gedanke, allumfassend, umfassend das größte, was sich denken lässt, das All.

Ich lauf
Sand, Strand, Sonne, Meer

meine Füße
Strand, Wärme

meine Arme
Wind, Kühle

mein Bauch
Atem, Luft

mein Kopf befreit von Gedanken
ich laufe zu dir

das Meer
die Liebe

unendlich groß
erschreckend einfach

Was es zu überwinden gilt ist die Gekränktheit, es ist ein sehr kleinliches Gefühl und passt so gar nicht zu dieser allumfassenden Liebe. Ich weiß nun, dass ich Eva nie geliebt habe, dass meine Beharrlichkeit nur daher kam, dass ich nicht akzeptieren konnte, abgewiesen zu werden. Wenn man jemanden tatsächlich liebt, ist abgewiesen werden ein Grund traurig und unglücklich zu sein, einen Verlust zu spüren und am liebsten sterben zu wollen. Ohne den geliebten Menschen erscheint das Leben sinnlos und leer. Das alles ist bei Eva nicht der Fall. Ich empfinde es nur als persönliche Beleidigung, wenn sie andern mehr Aufmerksamkeit schenkt oder mir von anderen Frauen vorschwärmt. Es gibt mir einen Stich, als hätte ich das Klassenziel nicht erreicht. Es ist dieser Leistungsgedanke, ich habe es nicht geschafft, Gefühle der Liebe in ihr zu erwecken. Das ist natürlich blödsinnig, denn ich selbst liebe sie ja auch nicht. Gestern habe ich sie zusammen mit ihrer neuen Freundin getroffen und schlagartig begriffen, dass ich sie nie geliebt habe, ich war nur gekränkt und versuchte aus diesem Gefühl versagt zu haben etwas zu erzwingen, was mir gar nicht erstrebenswert erscheint, denn ihre Liebe ist mir völlig gleichgültig, und das allein macht mich traurig, denn nun ist es offensichtlich, dass ich diese eingeschränkte Form der Liebe nicht verstehe und nie erleben werde.

Dienstag, 26. Februar 2008

Hat Adam je darüber nachgedacht, warum er diesen Beruf gewählt hat und was er ihm bedeutet? Hat er sich klargemacht, dass es vielleicht die Angst vor einer erneuten Enttäuschung war, die ihn vor jeder ernsthaften Beziehung zurückschrecken ließ? Doch warum denke ich immer wieder darüber nach? Ist es denn mein Problem? Liegt es in meiner Macht, etwas zu verändern? Bin ich dafür verantwortlich, was andere aus ihrem Leben machen bzw. nicht machen? Geht es nicht vielmehr darum, endlich mein eigenes Leben in Angriff zu nehmen, ohne mich hinter Entschuldigungen und Ausreden zu verschanzen? Ich habe fraglos den Vorwurf der Ich-Bezogenheit und Egozentrik angenommen und die letzten Jahre damit verbracht anders zu werden. Ich habe mich verbogen, Rücksicht genommen, verantwortlich gehandelt und zukunftsorientiert gedacht. Das war falsch, denn es war ein ständiges Betrügen meiner Umwelt, indem ich vorgab zu sein, was ich nicht war, niemals sein kann. Und dazu kam das schlechte Gewissen durch diese Verstellung, und das Erschrecken darüber, dass dieser Mensch, den ich da den anderen zuliebe spielte, von genau diesen anderen gemocht oder anerkannt, teilweise sogar geliebt wurde. Ich hielt mir eine Maske vors Gesicht und die Welt jubelte. Das darf so nicht weitergehen. Lieber sollen sie mich hassen oder verdammen anstatt zu lieben und zu schätzen was ich nicht bin.

Freitag, 22. Februar 2008

Weit entfernt Menschen, Freunde, Familie, Alltag, Arbeit, Probleme. Ich bin geflohen, kurzerhand für ein paar Tage an die Nordsee gefahren, untergekommen in einer kleinen Pension. Nachdem ich mich angemeldet und meine Sachen abgestellt habe, gehe ich sofort los, die Gegend zu erkunden, zwischen dem Dorf, wo ich untergebracht bin und dem Nachbardorf am Meer, wo ich noch dringend hinmöchte, liegen 4 km, in meiner Heimatstadt ungefähr von mir zuhause bis zur Innenstadt, angefüllt mit Straßen, Häusern, Menschen, Wegen, etc. Hier gehe ich an einem kleinen Kanal entlang, kann kilometerweit sehen, auch das Nachbardorf, und unterwegs begegnet mir keine Menschenseele, es ist traumhaft. Unbeschreiblich das Gefühl von Freiheit und Grenzenlosigkeit, mein Ich dehnt sich aus, hat endlich Platz so groß zu werden wie es ihm entspricht. Wind schlägt mir ins Gesicht, ich atme und mit jedem Atemzug wird aus dieser kleinen zusammengedrückten Seele eine große, starke und glückliche.

Schau doch, das Meer, wie wunderschön. Das Meer, meine Liebe.

Ich versinke im weichen Sand, komme kaum vorwärts, doch was anderswo bedrohlich ist, ist hier ein Erlebnis. Ich muss nicht vorwärtskommen, nicht schnell sein, es gibt kein Ziel zu erreichen, ich kann genießen, jeden Schritt am Meer entlang, jeden Schritt durch weichen Sand, er hält mich, stützt mich, ist da für mich und lässt mich begreifen, was es bedeutet zu lieben.

Mittwoch, 20. Februar 2008

Plötzlich ist es da, das Meer, ich atme auf, erleichtert, befreit, atme durch, ruhig, unendlich, atme, atme, fülle mich auf, entleere mich von allen Belanglosigkeiten, die ihre Wichtigkeit verlieren, in den Hintergrund treten, sich auflösen, was zählt ist einzig das Meer.

Adam in seiner Reserviertheit, seiner Angst sich zu blamieren, sich lächerlich zu machen oder von den anderen nicht ernstgenommen zu werden. Vielleicht habe ich seine zeitweilige Freundschaft nur diesem Umstand zu verdanken: ich hatte ihn dabei gesehen, wie er dieses Wandbrett herunterriss, versehentlich, im ungestümen Gestikulieren. Diesen Eindruck der Lächerlichkeit auszulöschen war vielleicht der einzige Grund, meine Bekanntschaft zu suchen und sich mir anders zu zeigen. Und doch ist es gerade dieser Moment, der mir in Erinnerung bleibt, Adam erschrocken über sich selbst und seine Stärke, Offenbarung, die ihn liebenswert und kraftvoll zeigt und mich bezaubert.

Ich war schon einmal soweit, die ganze Welt umarmen zu wollen, dieses überströmende Gefühl der Liebe angesichts der Endlosigkeit des Himmels und des Meeres. Endlich jemand, der dieses kraftvolle Gefühl aufnehmen kann. Endlich brauche ich keine Angst zu haben, mit meiner Liebe zu zerstören oder in die Flucht zu schlagen, das Meer ist stark. Plötzlich die Vision, die ganze Zeit um die Liebe und Zuneigung von Ameisen geworben zu haben, den Blick starr auf die Erde und das undurchschaubare Gewusel der flinken Tiere gerichtet, und im Aufschauen begreife und erkenne ich, da ist das Meer.

Dienstag, 19. Februar 2008

Was hat Adam an mir gemocht, damals als er es war, der keine Kosten und Mühen scheute, um mich zu treffen, etwas mit mir zu unternehmen? Es muss diese völlige Unabhängigkeit gewesen sein, meine neutrale Fassade, dieses "ich brauche dich nicht". Und wann hat sich das verändert? Im Grunde genommen brauche ich ihn immer noch nicht, es ist mehr dieses Gefühl von Versagen und Niederlage. Ich brauche ihn, brauche seine Freundschaft nur, um sagen zu können, ich bin nicht völlig beziehungsunfähig. Doch im Grunde genommen ist es ein permanentes Verbiegen, ich laufe einer Illusion hinterher, und es wäre doch soviel ehrlicher und auch einfacher die Wahrheit anzunehmen. Ja, ich bin beziehungsunfähig, ich will keinen dauerhaften Kontakt, lasst mich alle in Ruhe, bitte.

Augen, die mich anschauen und ja sagen, unabhängig von Worten, Situationen, Gefühlen. Ich habe meine Kindheit und Jugend überstanden, weil da meine Katze als verlässlicher Ruhepunkt war, aufrichtig, unverfälscht, wortlose Verständigung, Einverständnis. Sie forderte keine Erklärungen, die ich nicht hatte, keine Rechtfertigung für mein Tun, Denken, Fühlen. Es war so, und es war in Ordnung, ganz einfach.

Vielleicht war es die kindliche Unvoreingenommenheit, die Adam an mir mochte, und die er selbst zerstörte indem er mich ausbeutete, mich aussaugte, bis nichts mehr davon da war. Plötzlich musste ich abwehren, musste unbequeme Fragen stellen. Er hatte Unsicherheit in mich hineingestopft, hatte mir mein ja zu ihm von den Lippen getrunken bis er ganz voll und selbstzufrieden und ich ganz leer und zerbrechlich war. Und was will man mit einer leblosen Hülle, die langsam zu Staub zerfällt.

Montag, 18. Februar 2008

Sehr geehrter Herr,
was ich an Ihnen schätze ist, dass Sie nicht vorschnell vorgeben, etwas zu verstehen. Meine Schwester hat immer gesagt, am schlimmsten bei Nachhilfe sind diejenigen, die nach einer Erklärung sofort sagen, jetzt sei alles klar und sie hättens begriffen und in ihren Augen sieht man, dass sie nicht mal mitgedacht haben und bei der nächsten Aufgabe genauso hilflos sein werden. Dann lieber jemand, der nachzuvollziehen versucht und an einem ganz bestimmten Punkt hängenbleibt und sagt, dass er jetzt nichts mehr versteht, da kann man gezielt einhaken und ein Stück vorankommen. Wenn jemand vorschnell alles versteht, hänge ich genauso in der Luft, ist es Desinteresse oder Abwehr, hat er tatsächlich verstanden und wie kann ich das überprüfen oder gibt er nur vor zu verstehen, weil er seine Ruhe haben will und ich ihn langweile oder erschrecke? Und auch wenn mich Ihre Fragen oft an den Rand der Verzweiflung bringen, weil ich gezwungen werde, mich meinem Unvermögen zu stellen, so ist doch eine Hoffnung darin, dass Sie zumindest die Mühe auf sich nehmen und ein Stück mit mir gehen.

Sonntag, 17. Februar 2008

Und Adam schreibt nicht. Was denkt er sich dabei? Warum schreibt er nicht? Ich habe ihm meinen Erklärungsbrief nochmal geschickt, mit dem Hinweis, dass er ihn wohl nicht bekommen habe, kann ja sein, dass er bei der Post verlorengegangen ist, denn er hätte sicher darauf geantwortet. Dazu habe ich noch ein interessantes Reisemagazin gelegt. War das zuviel? War es anmaßend nach über 4 Monaten mal nachzuhaken? Es war ja kein Allerweltsbrief, der ruhig mal ein paar Wochen liegenbleiben kann, bevor er beantwortet wird. Oder hat er nicht verstanden, was auf dem Spiel steht? Dass es ein existenziell wichtiger Brief ist? Und was soll ich tun, wenn auch jetzt keine Antwort kommt? Wenn er weiterhin schweigt? Er zermürbt mich, hält sich raus - auf meine Kosten! Wie kann ich mein ohnehin schon völlig gebrochenes Selbstbewußtsein auch nur halbwegs retten, wenn ich es diesen Erniedrigungen und permanenter Zurückweisung aussetze. Denn ist sein Schweigen nicht eine Zurückweisung? Ich werde in meine Schranken gewiesen aus denen ich mich schon allein durch diesen Brief zu weit hinausgewagt habe. Es steht mir nicht zu. Vielleicht hat er ihn nicht einmal gelesen, sondern sofort weggeschmissen, ohne auch nur den Inhalt zu kennen. Noch habe ich genug Kraft, um mich aufrecht zu halten, aber wie lange?

Als wollte man einen großflächigen Waldbrand auf Streichhölzer verteilen. Permanentes Dosierenmüssen, weil ich sonst für andere zu groß werde. Man macht aus Krokodilen niedliche Comicfiguren, um ihnen den Schrecken zu nehmen. Nicht nur meine Wut und mein Hass schlägt andere in die Flucht, auch meine Liebe und Zuneigung. Erträglich ist allein dieses undefinierbare Neutrum, das sich abseits hält, etwas spöttisch ist, vielleicht auch arrogant oder überheblich, und vor allem unbeteiligt. Solange ich selbst hinter dieser Kunstfigur verschwinde ist alles gut und einfach - für die anderen.

Samstag, 16. Februar 2008

Sehr geehrter Herr,
selbst wenn Sie mir ein gewisses Verständnis entgegenbringen und vielleicht sogar aufrichtig bemüht sind, mir zu helfen, so schließt das nicht aus, dass ich Ihnen mit einer gewissen Skepsis begegne, mich nicht so schnell hervorwage und mich Ihnen auch nicht ausliefern möchte. Was heißt denn in diesem Sinne "Verständnis"? Was heißt denn, Sie können etwas nachvollziehen, es ist Ihnen klar, einleuchtend, etc.? Ich habe das schon öfter gehört und war anfangs naiv genug es zu glauben, bis mir weitere Erklärungen der jeweiligen Person verdeutlichten, dass zwar durchaus etwas verstanden wurde, dass dieses etwas aber nur sehr wenig, in den meisten Fällen sogar nichts mit dem zu tun hatte, was ich zuvor versucht hatte zu erklären. Ich vermute daher ähnliches auch bei Ihnen und warte nur auf Ihre erläuternden Ausführungen, um meine Skepsis bestätigt zu bekommen. Darin liegt nicht einmal mehr Genugtuung oder Triumph, nein, nackte Verzweiflung und mittlerweile Resignation, da ich befürchten muss, dass Verständnis eine unmögliche Forderung ist. Irgendwie muss ich die Wörter falsch benutzen. Ich denke an Sie.

Freitag, 15. Februar 2008

Adam und ich im Gespräch über unsere derzeitigen Arbeitsstellen, ein unkompliziertes Reden, jeder hat genügend Fakten und neutrale Begebenheiten zu berichten, es geht um Arbeitszeiten, Kollegen, spezielle Aufgaben, aber nur oberflächlich, weil der andere die Details des eigenen Bereiches ohnehin nicht verstehen muss, Gleitzeiten, Bezahlung, Urlaubstage, Büroumgebung, etc. Doch gleichzeitig geht es um etwas anderes, nicht greifbar, nicht an Worten oder Gesten festzumachen. Ich spüre meine zunehmende Gereiztheit, muss mich darauf konzentrieren, nicht zu explodieren oder Worte wie Harpunen abzufeuern, denn es wäre für ihn unverständlich und für mich völlig unmöglich zu erklären. Ich staune und bin erschrocken, etwas geht hier vor, doch was? Festgenagelt von seinen Worten, unfähig mich zu bewegen oder gar zu befreien. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig mein Gehen halbwegs anständig zu vollziehen und mich freundlich von ihm zu verabschieden. Dann explodiere ich und die Welt zersplittert in 1000 Teile und versinkt.

Adam der mir seine Wichtigkeit demonstriert, er ist perfekt ausgerüstet mit einem "Büro-Handy", wo er Pressemitteilungen auf einer richtigen Tastatur tippen kann, alle Telefonnummern abrufbar hat, lautstellen kann und permanent erreichbar ist. Natürlich klingelt während unseres gemeinsamen Essens im Restaurant immer wieder dieses Ding und hält ihn davon ab, sich wirklich mit dem Jetzt abzugeben, er beteuert wie ihn das alles nervt, und ich weiß genau, er kokettiert mit seiner eigenen Wichtigkeit, genießt es, sie mir gegenüber auszuspielen und weiß gleichzeitig, dass er mich damit nicht beeindrucken kann. Ich sehe wie er sich zunehmend entfernt, aus Trotz oder Angst, weil ich seine Rolle nicht anerkenne bzw. nicht mitspiele. Doch meine Rolle wird von ihm genauso durchkreuzt, meine oberflächliche Gelassenheit kann die Freude darüber, ihn wieder einmal zu sehen nicht völlig verstecken, und ich weiß, dass ich mich ihm damit ausliefere, zu offensichtlich und leicht erkennbar, was er mir bedeutet. Ich schlage ihn damit in die Flucht, obwohl ich genau das nicht will. Ein Neutrum muss ich sein und bleiben, um ihn halten zu können.

Ich rufe
du hörst nur den Spott

du hast Angst
ich seh nur dein Zögern

aneinander vorbei
Sehnsucht nach Nähe

Als sie mich ansprach auf der Straße war ich völlig in Gedanken. Ich hatte sie wirklich nicht gesehen, dabei waren kaum Leute um diese Zeit unterwegs, und sie streifte mich fast. Ja, fast, und genau darin liegt wohl auch unser Problem: Wir stürzen aufeinander zu, um im allerletzten Moment gerade noch die Notbremse zu ziehen und abrupt in den Rückwärtsgang zu schalten. Gerade wenn ich denke, da ist auch von ihrer Seite mehr als oberflächliches Interesse und mich etwas aus meinem Versteck herauswage, vielleicht frage, ob wir zusammen ins Café gehen wollen oder in die Disco, gerade dann weist sie mich kurz und schroff ab. Ich weiß nicht, ob ihr das bewußt ist, ob es Absicht ist oder nur Gedankenlosigkeit, oder reiner Zufall, doch es führt dazu, dass ich zögerlicher und noch zurückhaltender werde, aus der Sorge heraus, ihr zu nahe zu treten. Nein, das stimmt so nicht, so gut bin ich nicht, das wäre gelogen, es ist Selbstschutz und verletzter Stolz, ich bin getroffen und fühle mich beschämt, gedemütigt und weiß doch, dass es das Normalste von der Welt ist, abgewiesen zu werden. Warum missverstehe ich so vieles, bin nicht in der Lage Signale eindeutig zuzuordnen. Das wird mich noch umbringen. Und meine Selbstzweifel wachsen.

Donnerstag, 14. Februar 2008

Sehr geehrter Herr,
Sie werden mich genau dahin bringen, wo ich gestartet bin, in völlige Einsamkeit und Isolation, doch diesmal werde ich diese Position in nüchterner Klarheit als meine Position anerkennen, weil ich weiß, dass die Hoffnung auf Kontakt zu anderen eine Illusion ist. Sie geben mir dazu das Handwerkszeug, und ich werde präzise wegschneiden, was ich bisher noch habe wuchern lassen aus Schamgefühl für die dahinterliegende Nacktheit. Es geht nicht darum, ein angenehmeres Leben zu bekommen und sich mit einer Umwelt zu arrangieren, es geht um Wissen, Erkenntnis und Klarheit. Vielleicht werde ich sie zwischenzeitlich verfluchen, aus unbezähmbarer Sehnsucht nach einem Menschen, doch durch die Hölle muss ich gehen, um mir irgendwann wieder selbst in die Augen schauen zu können - wenigstens das!

Mittwoch, 13. Februar 2008

Ein blonder Schopf im Café, ein hochgewachsener schlanker Mann in der Menge, schnelle Füße vor mir in gewienerten Schuhen und da ist dieses Aufzucken, Freude, Erschrecken, dieser kurze Moment wo ich denke, er ist hier und gleichzeitig davonrennen und in seine Arme stürzen will.

Vielleicht brauche ich dich, weil du mich zurückweist, damit ich in meiner eigenen Selbsteinschätzung bestätigt werde: Ich bin ein Mensch, der immer zurückgewiesen wird. Das macht die Sache insofern für mich einfacher, weil ich so nie in die Verlegenheit komme, mich auf eine Beziehung einlassen zu müssen, ich schiebe einfach dem anderen die Schuld zu, er will mich nicht, obwohl ich es im Grunde bin, der niemanden will.

Wo warst du als sie mich zerstörten
Wer hörte dein Lachen
Wer sah in deine Augen

Wo bist du wenn sie mich zerstören
Wie kannst du leben
Mit zugehaltenen Ohren

Wo wirst du sein, wenn sie mich zerstören
Wen wirst du halten
Wen in deinen Armen beschützen

Dienstag, 12. Februar 2008

Sehr geehrter Adam (durchgestrichen) Herr
wissen Sie eigentlich was es heißt, sich immer wieder aus dem Nichts herauszuarbeiten? Begraben wie in einer gigantischen Sandkuhle, von der es permanent von oben herunterrieselt? Ich habe mich beworben. Die letzten Tage waren angefüllt damit, die Bewerbungsunterlagen zu sortieren, auszuwählen, zusammenzutragen, etc. Es ist jedesmal wie das Zusammenkehren von Scherben, du merkst wie unvollständig und zerbrochen du bist. Und dann gibst du diesen zusammengekehrten Dreck auf der Kehrrichtschaufel ab und deine Hand ist plötzlich weg, du löst dich genau an der Stelle beginnend ab und bist weg. Jetzt zur Arbeit gehen, sich vor den Computer setzen wäre tödlich, du bist nicht da, weißt aber gleichzeitig genau, was du tun müsstest, wenn du da wärst und kannst nur verzweifeln darüber, dass du nicht arbeiten kannst. Auf dein nicht vorhandenes Ich wird die Last des Versagens geladen, unmöglich je darunter hervorkriechen zu können. Also bleibt nur der Versuch, dich langsam wieder herauszuarbeiten aus diesem alles verschlingenden Nichtssand. Du gehst durch die Stadt, Versuch zumindest deinen Körper zurückzugewinnen, du isst, um dich innen zu spüren, oft hilft das wenigstens teilweise, man kann sich sagen "es geht, es isst, es trinkt, es liest", etc. Unmöglich dieses Es genauer zu bestimmen, doch es muss da sein, sonst könnte es dies alles nicht tun. Es erschöpft und verausgabt sich körperlich, es schläft oder döst zumindest, in der Sonne, es spürt die Wärme, es hört das Wasserplätschern des Springbrunnens. Es nicht als das freudsche Triebhafte sondern eine Art Maschine, die die Grundfunktionen bei Notstrom aufrechterhält. Ich bin nicht da, schlafe vielleicht irgendwo, begraben unter Nichts, unfähig herausgearbeitet zu werden. Sag nicht, ich hätte es nicht versucht, hätte nicht gegraben, um endlich an die Oberfläche zu gelangen. Ich habe weggeschlagen, was nicht zu mir gehört, habe mich wie eine Skulptur aus dem Stein herausgemeißelt, nur um dann wieder den Mund zugeschüttet zu bekommen von nachrieselndem Nichts. Die Kuhle ist mein Schicksal, ich sehe hoch über mir einen Streifen von Licht und Himmel und bin doch nicht sicher, ob ich es je bis dorthin schaffen werde. Ich schließe, eine vage Ahnung davon, was Ich sein könnte habe ich, in Träumen, im kreativen Akt, im Gefühl der vorsichtigen Zuneigung. Man versucht sich zurechtzufinden, wobei Man für dieses vage Ich steht, das sich am leichtesten zuschütten lässt. Leb wohl, du jedenfalls wirst vermutlich nie zugeben, was mit deinem Ich geschehen ist, zu sicher fühlst du dich in deiner Arbeitswelt, ein lächerlicher Ersatz für wirkliches Leben.

Sonntag, 10. Februar 2008

Szenen zwischen Traum und Wirklichkeit, unmöglich zu entscheiden, was wirklich geschieht und was geträumt ist. Realität, die sich als Wahnsinn entpuppt und bei der Polizei, in der Klinik endet. Traum, der als zähflüssiger Tropfen von Wirklichkeit in mein Gedächtnis eindringt und vorherige Wirklichkeit wegätzt. Was ist wahr, was erfunden oder verbogen? Wie kann ich unterscheiden, klar erkennen, urteilen? Alles scheint real bzw. geträumt, ich fürchte mich vor dem Aufwachen genauso wie vor dem Weiterträumen, denn es gibt so oder so kein Entrinnen.

Plötzlich von Worten erschlagen. Ich habe gewagt nicht mitzuspielen, aufzumucken, ein wahres Wort abzufeuern, doch wie ein Bumerang trifft es nun mich und wehrlos lasse ich sie niederprasseln. Wie festgenagelt von jedem Wort, mir bleibt die Luft weg und jeder gestotterte Rechtfertigungsversuch ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Ich flüchte, nur weg von hier.

Was ist los? Die Welt völlig entrückt, weit weg und unerreichbar. Nicht mal zu mir selbst ist ein Zugang möglich. Sie haben mir meine Gedanken gestohlen und umgedreht, das ist nicht mein Gehirn, das schwer in meinem Kopf hin und her fällt und gar nicht in sein Gehäuse zu passen scheint. Was für ein Monstrum hat man mir eingepflanzt und immer noch völlig unklar, wer steckt dahinter?

Samstag, 9. Februar 2008

Meine Forderung nach Klarheit erinnert Adam vermutlich an seine eigene Forderung damals in bezug auf seine Freundin. Auch er wollte Klarheit und erzwang sie schließlich, sie trennte sich endgültig von ihm. War das zuviel? Hatte er gehofft, genau das durch seine Forderung verhindern zu können? Zögert er deshalb, mir genau diese Klarheit zu geben, weil er weiß, wie schmerzhaft Klarheit sein kann? Weil er nicht stark genug dafür war und innerlich daran zerbrochen ist? Ich weiß, ich werde nicht daran zerbrechen, ich weiß auch, dass ich natürlich lieber ein klares Ja als ein klares Nein hören würde. Ich hasse dich für dein Zögern und Hinhalten. Du solltest wissen, dass ich stärker bin als du. Ein klares Nein kann nicht schlimmer sein als diese Warterei.

Da ist etwas, was mir den Hals zuschnürt, wenn ich an Adam denke. Eine dumpfe Gewalttätigkeit, ich kann kaum atmen, unerklärlich.

Ich lese:
Du kannst dir nicht vorstellen, welche Exzesse hier veranstaltet werden: Jeden 2. bis 3. Tag steht dieses Mädel vor meiner Tür (ich bin daran wirklich unschuldig!) stürmt in mein Zimmer, reißt sich die Klamotten vom - wie gesagt - sehr gut gebauten Körper, fängt an, an meiner Hose rumzufummeln (ich tue wirklich nichts und bin wie gesagt unschuldiger "Gast" dieser Szene) um sodann das gefundene, zugegeben pralle Stück mit dem Mund zu bearbeiten - das macht sie sehr gut - (entschuldige bitte meine direkten Äußerungen, aber du kennst mich ja), um sich schließlich auf meinem Bett zu wälzen, ja, zu wälzen, mit dem Flehen (und das ist jetzt wirklich kein Witz): "Nimm endlich meinen willigen Körper und hol dir deine Befriedigung". Was sich bis jetzt noch gerade mal so "real" anhört, ist aber noch lange nicht der Gipfel dieser interessanten, psychischen Untiefen, die sich hier mir offenbaren und meinen bösen soziologischen Blick samt Geilheit heraufbeschwören. Was jetzt kommt, kennen wir beide eigentlich nur aus "bösen" Büchern oder dreckigen Filmen: Sie krallt sich in meinen Rücken fest und fordert mich auf, ihr "weh zu tun", sie "brutal zu nehmen" und sie "zu demütigen". Ich gebe zu, hier Grenzen überschritten zu haben, die ich eigentlich nie zu überschreiten gewagt hätte, wobei es mir auch nicht gefällt, diese zu überschreiten - doch was soll ich tun? Diese Frau bekommt nur so einen Höhepunkt. Und nun kommt das Schärfste an dieser Frau: Sie ist erklärte Feministin, liest Emma, redet nur schlecht über Männer und hält mich für einen Rechtsradikalen. Wirst du daraus schlau?

Freitag, 8. Februar 2008

Adam der mich ansieht, prüfend. Da ist nichts von "schwarzer Wolke", kein Schimmer von Wut, Ärger, Enttäuschung oder auch Angst. Um die Freundschaft zu retten opfere ich ihr meine Aufrichtigkeit, flüchte an die Oberfläche, wo alles in Ordnung ist. Die dunkle Wolke tief hinabgedrückt, denn was ließe sich über sie sagen? Ich habe keine Worte der Anklage, der Versuch sie zu erklären würde sie sofort auflösen, unverständlich mein Gestammel. Also einfacher, sich auf einen klaren Himmel zu einigen. Doch was soll Adam mit einer Larve, einer leblosen Hülle? Sein Blick prüft, erkennt, er wendet sich ab, und ich weiß, es ist nur folgerichtig, verständlich, nachvollziehbar, erklärlich, wegerklärt die Wolke, ich selbst habe keinen Zugang mehr, finde sie nicht und weiß doch, sie ist da, wird sich entladen, irgendwann, irgendwo. Der Versuch zu retten zum Scheitern verurteilt, und ich weiss es und kann nichts daran ändern.

In den letzten 5 Minuten bevor ich weg muss, weil mein Zug fährt, lasse ich mich doch hinreißen und erzähle von dem Vorfall am Wochenende: Eine Frau im Würgegriff eines Mannes, laute Beschimpfungen, angstvolles Schreien, Menschen rundum in Zeitlupe gefangen, unfähig etwas zu tun. Ich komme gerade vorbei, meine Beine laufen zielgerichtet auf das Paar zu, meine Arme hängen sich an seine Jacke, mein Mund sagt "lass sie los", 2, 3 Mal bis er sie tatsächlich loslässt und fluchend zu einer Gruppe anderer Männer hinübergeht. Die Frau, die sich den Hals hält, jammert, in die andere Richtung abzieht. Ich dazwischen, bewegungslos, wie mechanisch meinen ursprünglichen Weg fortsetzend. Keine 100 Meter weiter kommt mir ein Polizeiauto mit Sirene entgegen, kurz darauf ein weiteres. Der Streit war also nicht vorbei, ich bin zu früh gegangen, alles vergebens, wieder das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit. Ich wollte das nicht erzählen, etwas hat es aus mir herausgeholt. Vermutlich war ich zu sicher, weil nur noch 5 Minuten bis zum Aufbruch blieben und ich ihn dann länger nicht sehen werde. Hoffe darauf, dass er es vergisst und nicht mehr darauf zurückkommt. Ich wollte es nicht erzählen.

Zukunft ist nicht möglich, solange Vergangenheit und Gegenwart soviel Platz beanspruchen und herrisch ihr Recht verlangen. Ich möchte sie abschneiden, die Fäden, die mich an sie ketten, möchte endlich frei sein und nicht gejagt von Phantombildern. Adam ist auch so ein Phantombild, das ich nicht loswerde. Und qualvoll ist es die Gegenwart von einem Phantombild wie Eva verbaut zu bekommen und wie in einem Spinnennetz zu zappeln. Gibt es Zukunft?

Donnerstag, 7. Februar 2008

Sag mir was ich tun soll, ich sehe keinen Weg, der mich weiterführt, kein Vorankommen. Wenn ich wüsste, dass dieses sinnlose Herumirren einen Sinn hat, den ich nur jetzt noch nicht erkenne. Ich bin mutlos und zerbrochen. Und ich kann nicht mehr weiter.

Drei Stichworte: Schwarze Wolke, Selbsthass, Essen. Beginn mit Essen als das Grundlegende, Elementarste. Reglementierung des Essens aus rein rationalen Gründen: Krankheit, die Notwendigkeit eine bestimmte Diät einzuhalten, Zutaten, Gruppen von Lebensmitteln zu meiden, Fett-Sein, die Notwendigkeit mengenmäßig einzuschränken, diszipliniert essen, nichts zwischendurch, keine Dickmacher wie Schokolade, Chips, etc. Tagesablauf, d.h. die Essensvorbereitung damit ein reibungsloser schneller Aufbruch ermöglicht wird. Doch was steckt nicht alles dahinter, Unterwerfung unter ein vorgegebenes Schema, Fremdbestimmung, abhängig sein und bleiben von einer Ernährerin, kindlich, unfertig, unreif, unselbständig. Selbständigkeit nur im Unterwandern der gesteckten Grenzen, heimliches Kühlschrank ausräubern, sich aus dem Chipsvorrat bedienen. Die Angst entdeckt zu werden, die Freude und der Triumph des Halunken, die Übelkeit, sich selbst schaden um frei sein zu können. Selbsthass und Schuldgefühle, das Wissen, dass man nicht ausbrechen kann. Gleichzeitig wissen, dass das Essen ja nur vorgeschoben ist, es steckt soviel mehr dahinter. Ein Hineinstopfen, damit auch alles andere drinbleibt, was nicht rausdarf, keine Berechtigung hat, "schwarze Wolke", um was geht es wirklich, was ist so schwer zu greifen, dass es verschwindet, sobald man versucht, sich zu nähern, das sich auflöst, sobald man versucht zu erklären? Fäden zu spannen, die Verbindungen sichtbar machen, wird meine Aufgabe sein, ich ahne sie, sehe das undurchdringliche Netz und fasse doch immer nur hier und da einen dünnen Faden, der zerreißt und verschwindet im Nichts.

Adam, der sich erschlagen fühlt von meinen kleinen Aufmerksamkeiten, meinen Briefen und Fragen. Ich selbst erschlagen von Lebensmitteln, die mir meine Mutter fürsorglich mitgibt. Weiterhin unselbständig, immer noch nicht in der Lage, mich selbst zu versorgen? Sie selbst genauso versorgt von ihrer Mutter, die Unfähigkeit zurückzuweisen, weil man weiß, was dahinter steckt. Freude bereiten wollen, Zuneigung zeigen, Gefühle für die es keine Worte gibt, verdinglichte Liebe. Doch warum so maßlos? Wie ein Strudel, hineingezogen in alles umfassende Liebe, verschlingt mich, bringt mich um, tötet aus Liebe. "Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein", wie kann ein Gott so grausam sein? Grausam aus Liebe und völlig unwissend. Und wie kann ich mir anmaßen ihn deshalb grausam zu nennen? Von Gott kann man sich einfacher lösen als von Menschen. Sie sind so verletzlich und hilflos. Und gleichzeitig die Pein des schlechten Gewissens, dieses permanente Ungenügen. Denn selbst wenn ich alles annehmen würde und permanent kommen, es wäre angesichts der Unendlichkeit der Liebe immer noch nicht genug. Kapitulation.

Mittwoch, 6. Februar 2008

Woran würde ein Roboter merken, dass er lediglich menschlich programmiert ist. Wäre er imstande zu erkennen, dass er allein aufgrund des Input von außen handelt und reagiert? Was unterscheidet mich von einer derartigen Kreatur? Sind auch meine Gefühle nur Reaktionen auf äußere Reize? Und was wären ursprüngliche Gefühle?

In Michael-Kohlhaas-Manier versuchen, eine Antwort zu erzwingen. Erneut an Adam geschrieben. Er wird nicht antworten. Warum quäle ich mich so? Warum quäle ich ihn? Dieser riesengroße Trotz in mir, er muss antworten, und wenn es mich umbringt. Ich hasse mich für dieses Festbeißen, es ist so demütigend, unwürdig und beschämend. Ich habe es nicht besser verdient, es ist wie eine permanente Selbstbestrafung.

Manchmal komme ich mir vor wie ein Detektiv auf Spurensuche, ich habe keine Ahnung was passiert ist, ob ich auf eine Leiche stoßen werde oder auf den Mörder. Ab und zu finde ich Indizien, die mich erschrecken und mir für Sekundenbruchteile eine Ahnung vom Verbrechen vermitteln. Dann habe ich kaum die Kraft weiterzuforschen. Am Ende bin ich selbst Leiche und Mörder.

Dienstag, 5. Februar 2008

Meine kläglichen Versuche selbst zu vergewaltigen, oder wenigstens Einfluss zu nehmen, zu manipulieren. Bestechung mit kleinen Geschenken, Briefen, Postkarten, mit Unkompliziertheit und naiver Fröhlichkeit, alle Differenzen vergessend, Tabus, um eine längst untergegangene Freundschaft retten zu wollen. Fühle ich mich nur verpflichtet? Manipuliert er mich bereits in meiner Sehnsucht zu ihm? Ist es meine Anhänglichkeit oder sein Wunsch, wieder dieses unausgesprochene "liebe mich", von dem er offiziell nichts wissen will. Da ich ihn nicht lieben kann die Verpflichtung, wenigstens Freundschaft zu bieten, mein schlechtes Gewissen zu beruhigen versuchen, wie absurd, je länger ich darüber nachdenke.

Vertrieben aus meinem Café, weil ich diese Person nicht mehr sehen möchte, weil ich diesem "liebe mich" entfliehe, das ich mir vielleicht nur einbilde. Tiefsitzender Groll, den ich kaum mir selbst gegenüber zugeben kann. Mein Café, und jetzt kann ich nicht mehr hin. Wie vertrieben aus einer Heimat sitze ich in einem anderen Café, grolle dieser Person und weiss gleichzeitig, ich wäre ihr nicht gewachsen.

Fürchte mich vor meinen Zeichnungen, es liegt etwas Grausames in ihnen, etwas Zerstörerisches und etwas Undefinierbares. Sie sind mir fremd und gleichzeitig so sicher von mir, ich betrachte sie wie ein Taifun die von ihm zerstörte Landschaft betrachtet. Sie lassen sich nicht einordnen und erzählen eine Geschichte, die ich selbst nicht kenne. Manchmal frage ich mich, ob ich auf dem Weg zu dieser Geschichte bin, und gleichzeitig will ich sie vielleicht lieber nicht wissen.

Montag, 4. Februar 2008

Ich will heim, ich will meinen Gedanken eine Pause gönnen, will nicht mehr nachdenken müssen, nicht mehr grübeln. Und dabei weiß ich genau, dass sie sich nicht abstellen lassen, die Gedanken, dass sie mich verfolgen, die Personen, mich beherrschen und vergewaltigen.

Die Parallele zu damals, dieser Mann, Freund von Adam, der mir einen Jim Beam Cola nach dem anderen bestellt, mein hilfloses Nein, mein grimmiges Trinken, wenn ich ihn schon nicht daran hindern kann, soll er sich eben ruinieren, Einverständnis auf meine Kosten, dein Wille geschehe. Ich weiß warum ich Gott nicht annehmen kann und warum er mich trotzdem verfolgt.

Gib mir einen Platz und lass mich nicht länger nur Zwischenraum zwischen harten Kugeln sein, lass mich frei und zeig mir neuen Handlungsspielraum.

Sonntag, 3. Februar 2008

Allein nicht akzeptabel, in einer Gesellschaft, die auf Paarbeziehung ausgerichtet ist. Rechtfertigung versuchen, wo ich selbst gar keinen Grund dazu sehe, dabei jedoch das Gefühl haben, als sei es ein Verbrechen, beziehungslos zu sein und nicht einmal danach zu streben. Eine Umwelt, die mir ständig einzureden versucht, ich könne allein nicht zufrieden sein. Unzufriedenheit aus dem äußeren Druck heraus, in mich hineingestopft und aus Höflichkeit angenommen, um verständlich für andere zu bleiben. Doch was töte ich dafür in mir?

Adams unvermutet herausgerutschtes "du bist eine attraktive Frau", seine rasche Flucht in spöttische Selbstironie, ich selbst nur allzu willig auf sachlicher Ebene zu diskutieren, taub und blind für jede emotionale Regung. Ich will nicht sehen, wie er mich hin und wieder ansieht, will nicht hören, wie der Klang seiner Stimme sich ändert, wie gebrochen für einen Halbsatz, den er sofort relativiert oder auslöscht. Ich will nicht, dass er mich liebt, ich will nicht in der Furcht leben, dass unsere Freundschaft getötet wird. Liebte er mich? Wollte ich, dass er mich liebte?

Diese Person, die mich festnagelt, die mir einen Tee nach dem anderen bestellt, ich sage nein, wehre mich, will nicht, dass sie sich so in Unkosten stürzt. Mache ich mich mitschuldig, wenn ich den gebrachten Tee, der nun vor mir steht trinke? Willige ich ein und erkläre mich stillschweigend einverstanden mit ihrem Tun? Was nutzt es ihn nicht zu trinken? Was schlucke ich noch mit hinunter? Meine Ohnmacht und Wut, meine Hilflosigkeit, meinen Hass auf mich selbst, mein Mitleid mit dieser Person, der ich nicht helfe kann und die mich in ihrer Qual quält.

Samstag, 2. Februar 2008

Habe ich Adam überfordert? Habe ich zuviel verlangt? Ist es anmaßend, wenn man erfahren will, warum eine Freundschaft gescheitert ist?

Ein Softball, den ich zerdrücke, ohne es zu bemerken. Eine große schwarze Kugel im Dunkeln, verschiedene Vorstellungen über die bestehende Beziehung. Wie ein Bildhauer versuche ich eine Kugel aus dem Stein herauszuarbeiten, während alle anderen gleichzeitig einen Würfel herausschagen, am Ende wird nichts übrigbleiben, erfolgloser Versuch eines Lebensentwurfes. Lieber die Kugelvision aufgeben und den Stein komplett zerschlagen als den Würfel akzeptieren. Trotzdem Resignation statt Triumph.

Adam in einer Wüste, schon halb eingesunken im Sand, unmöglich zu ihm zu kommen, unmöglich ihm herauszuhelfen. Ich versinke ja selbst und wünschte so sehr, es würde endlich regnen und die Wüste blühen.

Freitag, 1. Februar 2008

In meinem Kopf hämmert es "hör zu, sei mein, bleib hier, beweg dich nicht, sei still, hör, hör, mein, mein...", ohne Pause, eine Inquisition, ich verurteilt ohne zu wissen warum, abgeurteilt, gerichtet ohne zu verstehen, "still, hör, mein". Verschwunden mein Ich, gab es je eins?

Dieses gleichförmige Kommen und Gehen in einem Bahnhofscafé. Hier gibt es keine Stammgäste, täglich andere Gesichter, Reisende, Durchreisende, für einen kleinen Zeitraum nur hier, angeschwemmt, kurze Rast bevor man sich wieder in die Fluten stürzt, weiterzieht. Ungefährlich hier zu sitzen, für kurze Zeit aufatmen, seltenes Gefühl von Sicherheit.

Damals, eine andere Person, ein Freund von Adam, glücklich verheiratet, seine große Liebe. Und trotzdem küssen wir uns plötzlich, ich nenne es "experimentieren", um nicht zugeben zu müssen, dass ich keine Ahnung habe, wieso es passiert. Unsere Abmachung, dass es in Zukunft nicht mehr passiert, er überträgt mir die Verantwortung, doch als ich ihn nur wenige Tage später daran erinnere, schiebt er lässig beiseite die schützende Grenze. Und ich kann nicht aufstehn und gehn. Und wieder dieses erstaunt-erschreckte "Warum"? Gibt es das? Und welchen Anteil habe ich daran? Mitschuldig ohne sagen zu können, an welchem Punkt ich anders hätte handeln sollen/können? Ich bin Mittäter, das steht fest.