Mittwoch, 31. Dezember 2008

Mein Herr
retten Sie mich vor meiner verfluchten Impulsivität. Ausgerechnet jetzt sind Sie nicht da. Ich würde Ihnen gegenüber zahlreiche Gründe aufführen, warum es Blödsinn ist auf eine unbekannte Handy-Nummer zu antworten. Aber Sie sind nicht da! Und wie losgelassene Hunde stürmen meine Gefühle mit mir davon. Natürlich antworte ich und natürlich ist es Eva und klar dass man sich verabredet. Ich sage Ihnen, das schätze ich so an Ihnen, Sie sind kalkulierbar und mit Ihnen würde etwas Derartiges nie passieren. In was habe ich mich da wieder hineingeritten!

Donnerstag, 25. Dezember 2008

Ein entgangener Anruf auf meinem Handy, eine unbekannte Nummer. In Gedanken alle möglichen Leute durchgegangen und ihre Nummern verglichen, Fehlanzeige. Es kann auch keiner sein, der im Handy gespeichert ist, da kein dazugehörender Name angezeigt wird. Auch wenn ich den Verdacht ignorieren will, bleibt nur Eva übrig, deren Nummer ich beim letzten "Auftritt" mal wieder gelöscht habe. Sie ist die einzige, von der ich keine schriftliche Version habe, d.h. weg ist endgültig weg. Einerseits froh darüber, ich könnte mich tatsächlich hinreißen lassen zu antworten, so ist es besser.

Freitag, 12. Dezember 2008

Mein Herr
nun sind Sie also erst einmal weg, hoffentlich geht es Ihnen gut in Ihrem Urlaub, ich werde Sie auch bestimmt nicht vermissen, im Gegenteil, aufatmen werde ich. Sie können sich nicht vorstellen, wie froh ich über diese "Auszeit" bin. Sie glauben mir nicht? Recht haben Sie, ich glaube mir auch nicht, aber man kann sich alles mögliche einreden, das ist kein Problem.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Mein Herr
Sie lassen sich genauso blenden wie alle anderen, wenn ich Ihnen vorspiele, mir geht es gut und ich komme zurecht, dann glauben Sie das widerstandslos. Ich staune über Ihre Gutgläubigkeit und bin gleichzeitig wütend. Ich dachte, Sie schauen hinter die Fassade, ich dachte, Sie kann man nicht so leicht täuschen oder Ihnen was vormachen, ich dachte wirklich, Sie würden nicht zurückweichen vor dem grell aufgemalten Grinsen eines Pappkameraden. Ich bin enttäuscht, Ihre Leichtgläubigkeit kränkt mich. Und sie beschämt mich, weil ich Sie für derartige Spielchen missbrauche. Warum muss ich Sie testen? Warum kann ich Ihr Entgegenkommen und Ihre Freundlichkeit nicht annehmen und genießen? Immer dieses bohrende Misstrauen, das Warten auf den Angriff aus dem Hinterhalt, darauf dass die Falle hinter mir zuschnappt, hineingetappt aus Naivität und fehlender Vorsicht. Dabei ist es so angenehm, dass Sie nicht alles in Frage stellen oder Ihre Sicht über meine eigene stülpen. Ich selbst bin es, der diese Ehrlichkeit mit Tests und Spielen vermasselt. Gibt es einen Weg hinaus aus diesem Dilemma?

Dienstag, 9. Dezember 2008

An Adam mit dieser Zähigkeit festhalten ist absurd und bei genauerem Hinsehen unaufrichtig, es geht nicht um ihn als Person, es geht einzig und allein um mich und meine Illusion, die nicht mehr länger aufrechtzuhalten ist. Wir sind keine Freunde mehr, waren es vielleicht nie. Solange er mich brauchte war er da, dann war ich überflüssig. Aber vielleicht ist selbst das noch geschönt. Er brauchte mich nicht einmal, doch es war eine Abwechslung, ein neues Gesicht, interessant. Aber er wäre auch so zurechtgekommen, so wie er vorher und nachher zurechtkam. Ich kam nicht zurecht. Ich vermisste ihn und ich trauerte unseren Treffen hinterher. Ich hätte gerne den Kontakt aufrechterhalten. Unsere Freundschaft hätte mich aus der Bedeutungslosigkeit herausheben können, mir das Gefühl geben, ein "ich" zu sein, wenn ich selbst schon nicht dazu imstande bin. Ich habe oft anderen "ich-losen" diesen Dienst erwiesen und sie in ihrem zerbrechlichen Ich bestärkt, aber letztlich kann kein Mensch einem anderen das Ich reparieren oder ersetzen, und so bleibt auch mein Ich kaputt, mit oder ohne Adam. Die Illusion zerschlagen ist das wenigste. Das Schlimme ist der Verlust von Glauben an die Freundschaft. Ich habe darum gekämpft, trotz anderer Erfahrungen die Freundschaft hochgehalten und verteidigt. Ja Adam, ich war naiv, aber jeder in irgendeiner Form gläubige Mensch ist naiv, und wenn du noch immer an die Liebe und die Frauen glaubst und darauf hoffst, das Glück in der Zweisamkeit und im Sex zu finden, dann bist du genauso naiv. Deine Abgeklärtheit widert mich an, weil sie genauso unaufrichtig und verlogen ist wie mein Festhalten an dir. Vor Jahren schon habe ich dir radikal die Freundschaft gekündigt, ich hätte es dabei belassen sollen, jetzt aber muss ich auch der Freundschaft an sich kündigen, sie ist es nicht wert, dass man sich ihretwegen zerfleischt. Und sie kann auch nicht ersetzen, was nie vorhanden war: ein intaktes Selbstwertgefühl, dass tatsächlich unabhängig von anderen ist und sich daher problemlos in Abhängigkeit begeben kann, ohne sich damit gleichzeitig selbst zu zerstören. Ich bleibe zurück: Eine Leere, die niemand füllen kann.

Montag, 8. Dezember 2008

Mein Herr
ja, für Sie ist immer alles ganz klar, Sie wissen immer sofort, was gespielt wird. Sie lächeln nur süffisant, wenn ich Ihnen erzähle, Adam eine Karte geschrieben zu haben und glücklicherweise Evas Nummer schon vor Wochen aus meinem Handy-Verzeichnis gelöscht zu haben, weil ich ihr sonst vermutlich zumindest eine kurze SMS geschickt hätte. Ich weiß auch warum ich das als Glück empfinde: sie könnte ja antworten und dann wäre ich mal wieder hoffnungslos überfordert. Sie trauen mir nichts zu, und ich kann es Ihnen nicht einmal verübeln, traue ich mir selbst ja auch nichts zu. Ich weiß Adam wird nicht antworten, also ist eine Karte völlig unbedenklich, sie hat keinerlei Konsequenzen. Ist es das was Sie mit Ihrem Lächeln ausdrücken wollen? Ist es meine Angst vor den Konsequenzen, die Sie so selbstsicher sein lässt? Sie wissen, dass ich auch Ihnen gegenüber reserviert bin und mich hüten werde auch nur einen Schritt auf Sie zu anzudeuten. Aber Sie sind doch genauso, Sie rechnen mit meinem Zurückweichen und meiner Angst vor Nähe. Unausgesprochen ist unser Verhältnis nur möglich, weil die Distanz strikt gewahrt bleibt. Ich hasse Sie dafür und würde Sie erschlagen, wenn Sie nur einen Schritt näherkommen würden.

Samstag, 6. Dezember 2008

Ich habe Adam eine Karte geschrieben, mal wieder, natürlich, ich konnte es nicht lassen. Soll ich mich über meine Naivität ärgern oder meinen Großmut bewundern. Mein Gott, es ist Weihnachten, Fest der Liebe und des Friedens, soll man sich da tatsächlich auf irgendwelche Animositäten zurückziehen? Mir hat es Freude gemacht, ich schreibe gerne mal einen kleinen Gruß, wenn es ihm nicht recht ist, kann er sie ja wegschmeißen. Eine Antwort erwarte ich nicht. Oder nicht mehr. Oder nur wenn ich meine Phantasie freilasse und meine Hoffnung nicht im Zaum halte. Dann, ja dann antwortet er, zeigt sich erfreut, macht vielleicht von sich aus den Vorschlag sich mal wieder zu treffen, ist wieder der Adam den ich kenne. Und ich selbst bin wieder die, die er kennt. Die Zeit liegt dazwischen, ich kann nur von der einen Seite herüberwinken und darauf vertrauen, dass ein bisschen davon bei ihm ankommt. Er ist ein alter Esel!

Freitag, 5. Dezember 2008

Mein Herr
ich fürchte Ihre Fragen, Ihr Unverständnis, Ihr Schweigen. Zu deutlich wird, wie wenig ich Ihnen gegenüber zum Ausdruck bringen kann, wie schwierig verstehen ist. Ihre Fragen verletzen mich, wo sie vielleicht nur Interesse bekunden, Ihr Schweigen macht mich mutlos und beschämt, wo es vielleicht nur taktvoll oder mitfühlend ist. Oft habe ich das Gefühl alles zu missdeuten und Ihnen Unrecht zu tun, gleichzeitig reizt mich jede Ihrer Bemerkungen. Ich fühle mich unterlegen und unfähig, je so robust und selbstsicher zu werden wie Sie. Oder unterstelle ich Ihnen Stärke und Gelassenheit, um auch einmal rücksichtslos sein zu können? Um nicht ständig darüber nachdenken zu müssen, mit welchen Bemerkungen ich Sie verletzen oder kränken könnte? Sie sollen meine Offenheit aushalten können, ich will Sie damit nicht zerstören. Gleichzeitig erschrecke ich, wenn Sie meine Befürchtungen diesbezüglich so locker vom Tisch wischen, als könnte tatsächlich keine meiner Aussagen Sie wirklich treffen. Dann habe ich fast Lust, die Probe aufs Exempel zu machen und zu testen, wieviel ich Ihnen tatsächlich zumuten kann. Das ist kindisch, ich weiß, doch habe ich Ihnen gegenüber ohnehin eher die Rolle eines Kindes oder Schülers. Bitte, nutzen Sie meine Abhängigkeit niemals aus!

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Man erzählt nicht von eigenen Gefühlen und innerer Befindlichkeit, wenn man weiß, wie schnell sie wegargumentiert werden können, wie ihnen der Boden unter den Füßen entzogen wird und sie sich einfach auflösen. Wo sind meine Gefühle hin? Liegen sie irgendwo tiefgefroren in meinem Inneren? Lassen sie sich auftauen? Wiederbeleben? Oder sind sie ein für alle mal getötet und verfault? Widerstandsfähig allein meine Wut und mein Hass, wenn auch oft nur als Selbsthass, sie haben unter den widrigsten Umständen überlebt, führen immer noch eine Art Eigenleben und widersetzen sich meiner Kontrolle. Soll ich darüber froh sein oder mich fürchten? Ich kenne ihre zerstörerischen Kräfte, aber sie zeigen mir auch, dass ich noch lebe.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Mein Herr
als ich Sie neulich unvermutet auf der Straße traf, vom Spaziergang mit meinen Hunden heimkommend, fand ich keine Worte und doch war ich froh Sie zu sehen. Sie hatten in dieser ungewohnten Situation auch keine Worte und streichelten nur die Hunde, die Ihnen freudig entgegensprangen, als müssten wenigstens sie meine Freude zum Ausdruck bringen. Ich hätte ewig so stehen und Ihnen und den Hunden zuschauen können. Ihre Nähe war angenehm, der Moment in meinem Gedächtnis aufgehoben als eine seltene Kostbarkeit.

Dienstag, 2. Dezember 2008

Könnte man sagen, Männer stehen für Ruhe und Abgeklärtheit, für Realität, auch wenn sie grausam ist? Mein Vater steht für mich in direkter Verbindung zu Mathe, Physik, Naturwissenschaften, Erklärungen wie etwas funktioniert, entsteht, etc. Sachliche Diskussionen bei denen nur der Kopf gefordert ist, Themen unabhängig von den Beziehungen der Gesprächspartner. Meine Mutter steht für mich jedoch auch für Sachlichkeit und logische Argumentation, die Themen aber entscheiden über Sein und Nichtsein von Gefühlen, Beziehungsstrukturen und folglich Existenz. Als Kind fand ich es faszinierend, verblüffend, erschreckend wie leicht sich meine Wut von ihr wegdiskutieren ließ, sie hatte zahlreiche stichhaltige Gründe, warum meine Wut gar keine Grundlage hatte und demzufolge nicht existierte bzw. nicht existieren durfte. Ich hatte die Sachlage falsch eingeschätzt, ihre Gefühle oder Aussagen missverstanden und falsch reagiert. Sachlichkeit bei ihr brachte keine Ruhe und Ordnung, sondern irritierte auf nebulöse und für mich als Kind unerklärliche Weise. Meine hoffnungslosen Versuche, Argumente für meine Wut zu finden, waren von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Sachlichkeit vernichtete und schuf eine Realität, die mich ausschloss.