Montag, 31. Dezember 2007

Sein Musikgeschmack, einerseits klassisch, wir hören gemeinsam Beethoven, Dvorak, Schubert, etc. andererseits Heavy Metal, er schreibt CD-Kritiken für Musikzeitschriften, die nur im Untergrund erscheinen, bringt immer irgendwelche Seltsamkeiten mit, die es in keinem Laden gibt, unbekannte Musiker, viel auch aus dem Ausland, ein großer Teil des Stipendiums geht dabei drauf, fast wöchentlich holt er sich eine neue CD, zum Stöbern nimmt er mich hin und wieder mit. Ich betrachte gerne die Cover und die anderen Leute, während man mit den Kopfhörern dasteht und Musik hört.

Ich lese:
Als kleines Dankeschön für dein Päckchen habe ich dir eine Kassette aufgenommen. Es ist wundervolle Musik, die von sehr umtriebigen Englischen "Progressive Rock" Musikern eingespielt wurde. Es handelt sich hierbei um 2 CDs, die von einem kleinen CD-Verlag in Holland herausgegeben werden. In Geschäften kann man sie daher auch nicht erwerben. Es ist auch keine Rockmusik, es ist... - höre doch einfach selbst und achte auf den Text! Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass dir diese Musik nicht nur gefallen wird, sondern dass du sie wie ich lieben wirst.

Mann und Frau können keine Freunde sein, es wird immer die unausgesprochene Frage im Raum hängen, was wäre, wenn wir miteinander schlafen. Mein heftiger Protest gegen diese Auffassung, das kann nicht dein Ernst sein. Ich versuche es mit uns selbst als Beispiel: Adam will im Augenblick keine neue Beziehung, hat noch genug an der alten zu knabbern, und ich bin lesbisch, so gesehen eine gute Basis für eine Freundschaft. Nein, du bist ja naiv, selbst wenn der Mann sich vordergründig auf Freundschaft einlassen sollte, er wid sich in Gedanken immer vorstellen, wie es wäre mit ihr zu schlafen. Es war eine rein theoretische Diskussion, dachte ich damals, doch sprach er vielleicht indirekt von sich? Von uns? War ich wiklich zu naiv? Jahre später erst sehe ich "Harry and Sally" und erschrecke.

Sonntag, 30. Dezember 2007

Wie er damals eine alte Klappliege aus dem Keller hervorkramte, als ich überraschend bei ihm übernachten musste, weil kein Bus zurück fuhr. Ich lachte ihn aus, denn er hatte ein riesiges Doppelbett, Übergröße wegen seiner Länge und weil er Bettenlandschaften liebt, es wäre kein großer Aufwand gewesen. Ich hatte öfter schon bei Mitstudenten übernachtet und in schmalen Wohnheimbetten zu zweit geschlafen, nie ein Problem. War er zimperlich? Befürchtete er, ich könnte etwas ruinieren? Oder weil ich eine Frau war? Er war selbstkritisch genug zuzugeben, dass er sich mit der Bettgeschichte lächerlich machte, doch er meinte, e traue sich da eben selbst nicht über den Weg, er sei ein Mann, hoffnungslos verdorben.

Seine Abneigung gegen Alkohol und die daraus resultierende Verachtung allen gegenüber, die hin und wieder etwas trinken. Klar kann er sich mokieren, wenn sich Mitstudenten auf Parties hemmungslos volllaufen lassen und man anschließend nur Scherereien mit ihnen hat, aber diese Striktheit, wenn einer nur mal ein Bier bestellte war schon merkwürdig. Hatte er es denn wenigstens mal probiert? Nein. War er nicht experimentierfreudig genug? Zu ängstlich oder schamhaft, weil er sonst vielleicht aus sich herausgegangen wäre oder Unsinn angestellt hätte?

Adam im Anzug, todschick, ganz ungewohnt und doch irgendwie passend, als sei er so zur Welt gekommen, lässige Eleganz, souverän auch der Umgang mit Mantel und Aktentasche.

Samstag, 29. Dezember 2007

Da sind seine Augen, die Art sie halb zusammenzukneifen in den verschiedensten Situationen: wenn er nachdenkt, beim Musikhören, kurz vor einer skeptischen oder zynischen Bemerkung, wenn er abwertet oder das ganze Thema mit einem Wisch vom Tisch fegt, wenn ihm eine vorübergehende Fau gefällt, wenn er von Weitem einen Freund sieht, wenn ich ihn beim Weggehen flüchtig umarme und andere es sehen.

Er wäre fast über mich gestolpert. Ich lag auf dem Boden der Bibliotheksterrasse in der Sonne, hatte die Augen geschlossen und genoss es, nicht zu irgendwelchen Vorlesungen zu müssen und im Augenblick auch keine Hausarbeit im Genick sitzen zu haben. Es war um diese Zeit fast leer hier. Ein Schatten, ein "Oh, hoppla", er hält gerade noch sein Gleichgewicht, taumelt etwas beim Schritt zurück, ich muss lächeln als ich ihn erkenne, er versteht es als Zustimmung, spricht mich an, wir setzen uns auf die Stühle, kommen ins Gespräch, es geht alles so leicht und selbstverständlich.

Seine Hände, die gepflegten Nägel, kurz geschnitten, immer in Bewegung. Betrachten kann man sie nur, wenn er Tee trinkt und die Tasse festhält. Lange Finger, schmalgliedrig, dabei energisch und kraftvoll. Wie er mit dem Zeigefinger auf Textstellen weist, die fast harte Gestik, die seine Rede akzentuiert, die Sache auf den Punkt bringt, undenkbar ohne seine Hände, verblüffend weiß, er ist insgesamt hellhäutig, im Sommer leicht goldbraun, die Hände jedoch immer ein wenig heller.

Freitag, 28. Dezember 2007

Damals sein Hinweis gleich zu Anfang, er sei noch nicht bereit für eine neue Beziehung, ich wollte gar keine, er hatte es nur daraus geschlossen, weil ich ihn angelächelt hatte und wir nach kurzer Zeit bei mir auf dem Sofa gelandet waren.

Ja, ich war hin und wieder auch zärtlich zu ihm, streichel ihm über den Arm, kraule ihn im Nacken, begrüße ihn mit Küsschen und Umarmung, ganz spielerisch, ein Ausprobieren. Ich bin Anfang 20, komme dirket von einer Mädchenschule und weiß von Männern herzlich wenig. Ich bin nicht in ihn verliebt, mein Herz bleibt ruhig und neutral, es ist mehr eine innere Verbundenheit, ich mag ihn einfach.

Er ist ein Musterstudent, hat ein Stipendium von der Konrad-Adenauer-Stifung, trifft sich daher hin und wieder mit seinem Betreuer, ein Professor aus seinem Fachbereich. Ich staune über den vertrauten Umgang in diesen Kreisen, er duzt ihn sogar. Er kommt mir wahnsinnig weltgewandt vor. Er ist nur 4 Jahre älter, doch der Unterschied zwischen einem Erstsemester, völlig ahnungslos und staunend und ihm im 6. oder 7. war riesig, die Rollen also klar, er der Lehrer weise, allwissend, unerreichbar, ich seine wissbegierige Schülerin, mit großen Augen, naiv, offenem Mund, Bewunderung nicht zu verstecken. Ein Magier der mit Politikernamen, Fachvokabular, Büchern und Thesen jongliert und mich mitreißt. Dies und jenes muss ich unbedingt lesen, Artikel werden für mich kopiert und Unklares erklärt, hin und wieder diskutieren wir auch, doch bleibe ich schnell meilenweit zurück, zu groß sein Vorsprung zu wenig Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten und Überlegungen.

Mittwoch, 26. Dezember 2007

Seine ehemalige Freundin, etwas älter als er, erfolgreich, zumindest beruflich, privat weiß ich zuwenig von ihr. Wie konnte sie diese geballte Energie aushalten? Wurde es ihr einfach irgendwann zuviel? Zu anstrengend? Und wie konnte sie dem Feuerwerk seiner Rückeroberung widerstehen? In diesem Zusammenhang hat er erwähnt, sogar Gedichte für sie geschrieben zu haben, kopfschüttelnd über seinen eigenen Wahnsinn. Und natürlich zahlreiche Briefe. Erreicht hat er ein kurzes Intermezzo, sie ließ sich erweichen, kam zurück, sie lebten einige Monate wieder zusammen als Paar, dann abermals die Trennung, von ihr gewollt, so ging es nicht. Er weiß, dass er sie jetzt endgültig verloren hat, gibt auf, resigniert. Durch seine Hilflosigkeit schimmert der Realist, der kühle Kopf ohne Illusionen. Er kann seine Gedanken, Gefühle, Handlungen kalt und unbeteiligt analysieren, ändert das etwas? Wo sind seine Gefühle? Hat er sie abgeschaltet?

Ich lese:
Da gibt es eigentlich nichts groß zu erzählen, wir haben uns eben komplett auseinandergelebt. Am Ende lief dann, egal auf welcher Ebene, nichts mehr. Sie hatte in den letzten Monaten fast keinerlei Interesse mehr nach Zärtlichkeiten egal welcher Art, und ich hörte auf, von mir oder den Dingen die ich mache zu erzählen. Das schaukelte sich dann hoch, wobei Weihnachten dann der Höhepunkt war. Da ging unsere Beziehung komplett den Bach runter. Als sie dann am 2. Januar wieder zurück nach F. fuhr, war ich richtig froh, sie los zu sein. Irre, oder? Man ist froh, den los zu sein, den man doch irgendwie liebt. Und so ist es noch heute, ich habe sie noch immer sehr lieb. Es ist aber anders als nach der ersten Trennung. Da wollte ich sie mit allen Mitteln zurückgewinnen. Bis heute verschwende ich jedoch keinen einzigen Gedanken daran. Sie ist mir irgendwie egal. Ich glaube, ich bin irgendwie ernüchtert, was meine Beziehung zu ihr angeht. Wütend bin ich auch.

Sein Lächeln, egal wie es ihm geht, so ein kleines Lächeln sitzt immer in seinen Mundwinkeln, ähnlich einem Delphin kann er gar nicht anders. Die schmalen Lippen, die Unterlippe etwas voller, leicht vorgeschoben und in den Winkeln diesen Schimmer von Lächeln. Ist es Maske? Aufgesetzt, so antrainiert, dass er es selbst schon nicht mehr merkt? Es wirkt jedenfalls nicht aufgesetzt, gehört einfach dazu, macht ihn vertraut.

Dienstag, 25. Dezember 2007

Eitel ist er, braucht stundenlang im Bad, versucht mit Haarwässerchen etc. seine schwindende Haarpracht zu erhalten, immer frisch gewaschen, gestylt, gefönt, aufgetufft, Geheimratsecken kaschiert. Ich frage ihn, ob er das nötig hat, treffe einen wunden Punkt, es tut mir leid. Er, der sonst so radikal denkt, kompromisslos ist und entlarvend bei anderen.

Unsere Wiedersehenstreffen immer ähnlich. Erstaunt über die Vertrautheit, die Schnelligkeit mit der wir auf einer sehr intimen Ebene sind. Er der Redner, engagiert, voller Lebendigkeit, ohne Punkt und Komma.

Der krasse Unterschied zwischen Adam in Gesellschaft und Adam im Zweiergespräch. Seine Souveränität mit der er über jedes Thema spricht, leicht, locker, ohne Zögern, er sprudelt geradezu über vor möglichen Themen. Alles scheint ihn zu interessieren, in zahlreichen Bereichen kennt er sich aus. Oder kann er es einem Laien gegenüber nur entsprechend vorspielen? Wirkt es professionell und belesen, weil man selbst zu wenig Ahnung davon hat? Würde er von einem echten Fachmann "entlarvt" werden können? Im Zweiergespräch genauso sprudelnd, doch die Themen sind ambivalent, er scheut nicht zurück eigene Fehler einzugestehen, Schwächen zu zeigen, sprachlich genauso brilliant und flüssig. Es gibt kein Stocken, Zögern, mit Leichtigkeit spricht er von seiner großen Liebe und ihrem Scheitern. Sie hat ihn nach 3 Jahren verlassen, seine zahlreichen Versuche sie zurückzugewinnen waren nur kurzfristig erfolgreich. Über jeden anderen, der eine solche Geschichte erzählt, würde man wahrscheinlich spätestens wenn man wieder allein ist lachen, nicht über Adam, er hat Größe in seinem Scheitern. Ich bewundere seine Zähigkeit, seinen eisernen Willen mit dem er zu erzwingen versucht, was nicht zu erzwingen ist.

Montag, 24. Dezember 2007

Adam ist ein Mensch voller Ideen und Einfälle, anregend, belebend, provokativ, unbequem, er heizt einem ein, er lässt nicht locker, er ist ungeduldig, fordernd, weicht nicht ab von einer Sache, die ihm wichtig ist. Er kann Pressemitteilungen, Leserbriefe, Briefe ganz allgemein aus dem Handgelenk schütteln. Ich würde mich nicht wundern, wenn er heimlich Gedichte oder Geschichten schreibt. Das würde er mir jedoch nie erzählen.

Ein Realist, der illusionslos auf Welt und Menschheit blickt, auf Männer, Frauen, scharfer Blick, scharfes Urteil. Wie er Frauen beurteilt. Erinnerung an gemeinsame Stunden im Café, nach Männerart Frauen hinterherschauen und Kommentare dazu abgeben. Kein Makel bleibt verborgen, krass sein Urteil, vernichtend teilweise, Äußerlichkeiten. Ein frommer Wunsch zu meinen, Paare fänden sich aufgrund der immer wieder beschworenen inneren Werte.

Seine T-Shirts mit abgeschnittenem Kragen, leicht eingerollt, ausgefranst, weiß, ein ganzes Schrankfach voll davon. Darüber Jeans- oder Lederjacke. Seine Breitschultrigkeit bei ansonsten schmaler Konstitution. Ein Hemd, dünn und lang, sein Schritt viel zu kurz und hastig für seine Größe, wirkt fast trippelnd, negativ ausgedrückt etwas tuntenhaft, kein Wunder dass man ihn für schwul hält.

Sonntag, 23. Dezember 2007

Adam zum Beispiel, vielleicht sollte ich meine Aufräumaktion mit ihm beginnen, zu lange schon geistert er durch meine Biographie ohne dass ich ihn verjagen oder beerdigen könnte.

Unsere Freundschaft, kann man dieses Warten auf eine Reaktion von ihm überhaupt so nennen? Ist nicht längst tot, was ich mühsam über all die Jahre hinter mir herschleppe? Ich werde nicht müde ein um den anderen Wiederbelebungsversuch zu unternehmen, obwohl die Leiche vielleicht schon zerfallen und von Würmern zerfressen ist.

Wer ist Adam? Kenne ich ihn? Kann ich sagen, warum ich an ihm hänge und ihn nicht wie die zahlreichen anderen Männer, die ich mittlerweile kennengelernt habe, einfach ad akta legen kann? Ich muss ihn vermutlich erst noch einmal ganz lebendig werden lassen, alles erinnern, was war, ist, sein könnte. Dann lass ihn sterben, dann lass ihn gehen, wohin er will.

Samstag, 22. Dezember 2007

Höre Adam
was denkst du eigentlich wen du vor dir hast, du armseliges Erdenwürmchen? Glaubst du, Ich hätte auch nur das mindeste Interesse an dir und deinem Leben? Von Mir aus kannst du verrecken, an deiner Selbstgefälligkeit ersticken. Wenn du meinst, du könntest dich an Mir rächen, weil deine Freundin dich damals verlassen hat, dann hast du dich geschnitten, diese Rechnung geht bei Gott nicht auf, diese Schmach wird ewig an dir kleben und Ich weiß es! Du müsstest Mich schon töten (oder bestechen...). Du bist nicht das Schwarze unter Meinen Fingernägeln wert, du Heuchler, du konservativer Moralapostel, pass auf, dass Ich nicht an entscheidender Stelle eine kleine Bemerkung fallenlasse. Ich werde Mich rächen, nicht sofort doch später! Rächen für die Zeit, die Ich dir schenkte, rächen für die Selbstverständlichkeit mit der du Mich getötet hast, du Barbar. Du wirst in der Hölle schmoren, ewig! Ich kenne keine Gnade.