Dienstag, 1. Januar 2008

Seine Belehrungen über Tee, die verschiedenen Sorten, von welchen Ländern, wann gepflückt, Blattgröße, Geschmack, Zubereitungsweise, wie lange welche Teesorte ziehen muss, um ihr spezielles Aroma voll entfalten zu können, die Geräte, die man benötigt, der Zucker, Teekultur in verschiedenen Ländern, Streitpunkt Milch, Uhrzeit, welche Wirkung, etc. Ich hörte zu, er war besessen von der Idee, mich bekehren zu können, ich war in seinen Augen ein Barbar, den man kultivieren musste, sein Eifer dabei rührend. Ich trank gern bei ihm eine speziell zubereitete Tasse Tee, aber ich trank auch gerne in der Unicafeteria Beuteltee mit Milch und Zucker.

Er hatte kein Abi, warum weiss ich nicht, ich fragte auch nicht nach, weil ich spürte, dass das ein wunder Punkt war. Allerdings machte er das Fachabi nach und studierte Sozialwesen. Das Grundstudium wurde ihm als Abiausgleich anerkannt, und so konnte er zu Politologie und Soziologie wechseln und einen Magisterabschluss machen. Er sprach hin und wieder auch von den ersten Semestern, doch blieb Sozialwesen und die Studenten für ihn immer etwas anrüchig, unterstes Niveau, nicht ernstzunehmen. Ich warf ihm Überheblichkeit vor. Er hatte jedoch die Hierarchien an der Uni voll verinnerlicht.

Warum fand er damals während seines Auslandssemesters in England Zeit, Briefe an mich zu schreiben? Neben seinen Arbeiten zum Studium, diversen Essays, Hausarbeiten, Referaten, Klausuren, neben hochschulpolitischen Aktivitäten und neben seiner heißen Affaire mit einer Austauschstudentin aus Israel? Von allem berichtete er lebhaft und ausführlich, ich hatte fast den Eindruck dabeizusein. Und warum ist ihm jetzt schon eine Postkarte mit 3 Zeilen an mich zuviel? Nicht mal zu einer SMS kann er sich aufraffen.

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